Landkreis Leipzig Journal

Umbau des Energiesystems – Große Schritte im Landkreis Leipzig (Teil 2)

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Falko Haak - Klimaschutzmanager Landkreis Leipzig
Liebe Leserinnen und Leser,

im Journal 2/2023 habe ich Sie über das Klimaschutzkonzept des Landkreises und damit einzelne Schritte zum Umbau des Energiesystems informiert. Heute möchte ich Ihnen einen Einblick zu weiteren Themen ermöglichen, mit denen sich der Landkreis Leipzig und seine Kommunen auseinandersetzen.

Aktuelle Informationen erhalten Sie auch auf unserer Homepage auf der Themenseite Klimaschutz: www.landkreisleipzig.de/kreisentwicklung-a-12991.html

Kommunale Wärmeplanung im Landkreis Leipzig

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In diesen Kommunen sind flächendeckende Wärmeplanungen in Arbeit (Orange) oder in Vorbereitung (Gelb). Lossatal, Thallwitz und Bennewitz haben bereits 2018 ein Wärmekonzept erarbeitet.
Bereits Anfang 2023 setzte Landrat Henry Graichen Impulse für die nächsten Schritte einer systematischen Wärmewende.

Die neuen Wärmepläne zeigen, wie ein gesamtes Stadtgebiet zukunftssicher und klimafreundlich versorgt werden kann. Dafür kommen Wärmenetze, Wasserstoffnetze und natürlich gebäudeindividuelle Lösungen in Frage. Markkleeberg, Markranstädt und Wurzen beenden bis Ende 2024 diesbezüglich ihre Analysen.

Die Ergebnisse sollen einerseits Investitionssicherheit für den Auf- oder Ausbau der Netze schaffen. Andererseits wird damit für Immobilienbesitzer deutlich, ob sie in eigene Gebäudetechnik investieren müssen oder auf den Netzanschluss warten können. Die Angst vor Zwängen oder unzumutbaren Mehrkosten ist dabei unbegründet.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wärmeplanung beinhaltet eine Handreichung des Landratsamtes: www.landkreisleipzig.de/f-Download-d-file.html?id=17626

Alternativen zu Gas und Öl sichern die Wärmeversorgung der Zukunft

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Alternativen zu Gas und Öl
Häufig wird beim Thema Gas sparen ein Thermostat einer Heizung gezeigt. Tatsächlich aber verbrauchen das verarbeitende Gewerbe und industrielle Prozesse das meiste Gas. Der Unterschied ist, dass man für Heizungen in der Regel maximal 60 °C benötigt, jedoch 150 °C bis über 1000 °C für die Prozesswärme. Beides kann umweltfreundlich bedient werden.

Technologien für Heizungen

  • Umweltwärme wird in der Regel in Kombination mit Wärmepumpen aus Sonne (Solarthermie), Boden (Geothermie), Wasser (Aquathermie), Luft gewonnen. 75 % der Wohngebäude in Deutschland sind geeignet (Quelle: FFE 2023 Wärmepumpen-Ampel)
  • Holzpellets, Hackschnitzel und Scheitholzöfen für Gebäude mit außerordentlichen Anforderungen oder in besonderen Ortslagen, z. B. unsanierte Gebäude mit unregelmäßiger Nutzung oder Innenstadtlagen mit Denkmalschutz und extrem begrenztem Platzangebot
  • Infrarotwärme als Sonderfall für Räume, die sehr selten und kurz beheizt werden müssen
  • Abwärme fällt in der Regel bei Hochtemperaturprozessen von Industrie und Gewerbe, in Rechenzentren oder Spitzenlastkraftwerken an und wird per Wärmetauscher an die Außenluft abgegeben
  • Wärmenetze und saisonale Speicher als kaltes, warmes oder heißes Netz mit Wärmezentrale oder mehreren Wärmequellen auf Basis von Umweltwärme und Bioenergie je nach Versorgungsgebiet und Wärmebedarf. Als Speicher dienen in der Regel große, speziell abgedämmte Wassertanks aber auch Eisspeicher oder Latentwärmespeicher. (Technische Details unter: ratiotherm.de/kalte-nahwaerme)
  • Kälte Klimaanlagen gewinnen zunehmend an Bedeutung und können auch in Wohngebäuden große Räume sowohl effizient kühlen als auch heizen

Technologien für Prozesswärme (Beispiele)

  • Hochtemperaturwärmepumpen für Prozesse bis 200 °C auf Basis von Umweltwärme mit Spezialwärmepumpen (Tipp: Agora Energiewende 2023 – „Großwärmepumpen in Deutschland“)
  • Erneuerbare Gase: Wasserstoff, Biogas, Methan z. B. für Backöfen, Gas-Schweißgeräte und sonstige technische Verfahren, die gezielte ggf. kurzfristig besonders hohe Temperaturen verlangen
  • Strom im Schmelzofen (ähnlich Schweißtechnik) in der Stahlindustrie ersetzen u.a. Lichtbogenöfen die klassischen Hochöfen
  • Biomasse sowie Pyrolyseöle und -gase in der Chemieindustrie besonders relevant als Ausgangsstoff für Grundchemikalien und die Erzeugung von Prozessdampf

Keine Angst vorm Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Die wichtigste Info zu Beginn: Regelungen zur Wärmewende sind keinesfalls neu – das GEG ersetzt unter anderem die Energieeinsparverordnung (EnEV) und ist nun die Grundlage umfassender Fördermöglichkeiten. Verbindliche Grenzwerte bei Dämmung und Sanierung verändern sich nicht. Auch die gesetzlichen Nachrüst- bzw. Austauschpflichten bleiben bestehen, z. B. zur Dämmung von Dachböden. Ausnahmen gelten bei Baudenkmälern, wenn Maßnahmen das geschützte Erscheinungsbild verändern würden.

Neu ist: es gelten nun strengere Vorgaben auf der einen Seite zur Energieberatung und auf der anderen Seite zum Heizungssystem selbst:

Gebäudeeigentümer haben lange Übergangsfristen, können Reparaturen alter Heizungen durchführen und auf zahlreiche Beratungsmöglichkeiten zurückgreifen, um klimafreundliche Lösungen zu finden, die zum Gebäude passen.

Wer neu baut, muss sofort mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien heizen. Das gilt nicht für Baulücken, wo die gleichen Regeln gelten, wie für Bestandsgebäude.

Vorsicht ist beim Begriff H2-ready geboten, wenn nicht klar ist, ob ein Gebäude gemäß Wärmeplan in einem Wasserstoffnetzgebiet liegen wird.

Mieter werden vor hohen Kosten geschützt, weil nur bis 10 % der Investitionskosten in neue Heizungen umgelegt werden dürfen und die Modernisierungsumlage auf 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche gedeckelt ist. Dadurch dürfte die Warmmiete in vielen Fällen sogar sinken.

Zusammenfassend beinhaltet das GEG also umfassende Chancen für einen klimafreundlichen Gebäudebestand mit höchstem Wohnkomfort und schützt vor unkalkulierbaren Preisentwicklungen fossiler Energieträger.

Im Internet findet man zahlreiche Fragen und Antworten zum GEG, unter anderem beim Bauministerium das „Topthema Gebäudeenergiegesetz (GEG)“: www.bmwsb.bund.de

Alle Fördermöglichkeiten sind beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in der Rubrik Energie detailliert beschrieben: www.bafa.de So gibt es für Gebäudehülle, Anlagentechnik, Wärmeerzeuger und Heizungsoptimierung bis zu 70 % der Kosten erstattet.

Fazit:

Sowohl für Heizungen als auch für Hochtemperaturprozesse besteht bereits eine deutliche Tendenz zur Verwendung von Strom. Hinzu kommen Projekte zur Herstellung von Wasserstoff und Methan aus Strom und Bioenergie.

Eigentümer sollten nun in Ruhe ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept erstellen: energetische Sanierung, natürliche Lösungen (Wand- und Dachbegrünung) und nachhaltige Gebäudetechnik sollten dabei bestmöglich aufeinander abgestimmt sein. So ist sichergestellt, dass Lebens- und Wohnqualität langfristig auch bei Temperaturen zwischen minus 30 °C und plus 50 °C Außentemperatur auf höchstem Niveau verbleiben.

Weil jeder Standort und jedes Gebäude individuell betrachtet werden muss, gibt es zahlreiche Anlaufstellen. Ansprechpartner für die individuelle Beratung – z. B. Energieberatung der Verbraucherzentrale – sind auf der Themenseite Klimaschutz beim Landratsamt gelistet.

Falko Haak
Klimschutzmanager Landkreis Leipzig

Webtipp: Die Wärmepumpenampel der Münchener Forschungsstelle für Energiewirtschaft ist ein Webtool zur Eignung Ihrer Kommune oder Ihres Wohngebäudes für die verschiedenen Wärmepumpen-Technologien: www.wärmepumpen-ampel.de

Lesen Sie in weiteren Teilen dieser Serie, wie es mit der Stromversorgung und der Mobilität vorangeht.

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