Am Sonntag vor dem 1. Advent gedenken wir unseren Verstorbenen. Im Volksmund ist das der Totensonntag. An jenem Tag werden in den evangelischen Kirchen die Namen der Verstorbenen des vergangenen Jahres verlesen. Das Datum, also der letzte Sonntag vor dem Advent, ordnete ganz preußisch, König Friedrich Wilhelm III. 1816 an. Zum einen gab es in der Zeit der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 sehr viele tote Menschen zu betrauern. Für die Trauer der Verstorbenen gab es noch keinen offiziellen Gedenktag. Zum anderen trauerte der König selbst über seine geliebte Gattin Königin Luise.
Wir alle wissen, dass wir nicht ewig leben. Ein solches Datum ruft uns nicht nur schmerzlich den Verlust eines oder mehrerer geliebter Menschen ins Gedächtnis, sondern erinnert uns auch an unsere eigene Sterblichkeit. Jener Fakt unterliegt im Alltag meist der Verdrängung. Wer mag schon daran denken, dass ein jegliches seine Zeit hat! Der Umgang mit Tod und Trauer sind leider in unserer – auf Jugendlichkeit getrimmten – Gesellschaft oft ein Tabuthema. Menschen, die nichts mit jeglicher Religion „am Hut haben“, wie sie oft selbst erzählen, lassen dann doch Menschen an sich heran, deren christlicher Glaube darauf beruht, dass es eine Ewigkeit gibt, eine die an das ewige Leben glaubt. Ist dies nicht ein Widerspruch? Ja sicher. Sie beruht auf festen theologischen Pfeilern und einem festen Glauben.
Aus diesen meist gläubigen Menschen gibt es viele, deren christliche Nächstenliebe dazu führt, andere zu trösten, ihnen zuzuhören, sie in ihrer Trauer ernst zu nehmen und zu helfen. Es sind die Seelsorger, Hospiz- und Palliativmitarbeiter (viele davon ehrenamtlich), die Trauerbegleiter und Notfallseelsorger, die in schweren Stunden Kraft spenden, die letzten Monate und Tage dem Sterbenden angenehm zu gestalten. Jede und Jeder von ihnen spendet Hoffnung, Trost und Kraft. Sie alle sind, im metaphorischen Sinn, ein Licht in finsterer Nacht.
Ein Jeglicher muss für sich die Frage beantworten, wie er zum Leben steht. Richtig – zum Leben, denn der Tod ist ein Teil unseres Lebens. Es benötigt feste Rituale, wie man damit umgeht. Der Totensonntag ist eines davon. Der Brauch, seine Liebsten im Leben, auf dem Friedhof „zu besuchen“, erzeugt zwar auch einen Schmerz, gibt aber auch Kraft und Stärke. Jene ziehen viele daraus, in dem sie sich mit den Menschen am Ort der Ruhe und Andacht treffen und mit ihnen sprechen. Das spendet Trost. Jeder hat seine eigene Art, mit seiner Trauer umzugehen und diese zu verarbeiten, aber Trost können wir alle eine große Portion vertragen. Oft ist der Friedhof an diesem Tag auch ein Ort des Lebens. Nicht nur durch die Menschen, die dort die Gräber besuchen, sondern auch durch das Erwecken von Erinnerungen. Hinter jeder Inschrift eines Grabsteins steht ein Mensch und seine Geschichte. An diese denken ihre Hinterbliebenen oft, wenn sie liebevoll das Grab abdecken und schmücken.
Schon der Philosoph Immanuel Kant sagte: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot. Der ist nur fern ...“ Lassen Sie also Nähe zu und freuen Sie sich auf die hoffnungsvolle Adventszeit.
Manuela Krause